In der Zahnmedizin gibt es überwältigende Evidenz dafür, dass mehr Zuckerkonsum immer auch mit mehr Karies einhergeht – und meist auch mit niedrigem sozialökonomischem Status. Umgekehrt korreliert ein niedrigerer Zuckerkonsum mit gesünderen Ernährungsgewohnheiten wie einem erhöhten Anteil von Gemüse und Obst.
Zuckerkonsum schadet nicht nur mit Karies, sondern auch mit Zahnfleischentzündungen assoziiert ist. Nach neueren Untersuchungen trägt der Zuckerkonsum auch zur Entstehung einer Gingivitis bei und ist mit mehr Parodontitis assoziiert. Umgekehrt konnten Studien zeigen, dass mit vermindertem Zuckerkonsum auch die Gingivitis zurückging.
Selbst wenn sich die Probanden die Zähne nicht putzten und der Zahnbelag zunahm, gingen unter einer zuckerarmen Diät die Entzündungsparameter am Zahnfleisch zurück. Die „Ernährungstherapie“ wirkt also und schafft über die Mundgesundheit hinaus auch positive systemische Effekte: Mit gesünderer Ernährung nahmen die Probanden auch an Gewicht ab.
Ein „dosisabhängiges Gift“
Die Folgen eines hohen Zuckerkonsums sind vielfältig
Dabei spielt Fructose, die bei der Verstoffwechselung des Haushaltszuckers entsteht, – entgegen ihrem Image als „gesunder Zucker“ – eine schädliche Rolle: Fettleber, Diabetes Typ 2, Hypertonus, Krebs, Übergewicht, erhöhte Blutfette und eine beschleunigte Arterienverkalkung sind Folgen eines hohen Fruktose Konsums. Die Vielzahl an gesundheitlichen Folgen eines hohen Zuckerkonsums erstreckt sich in ein erhöhtes Entzündungspotenzial von Zahn, Zahnfleisch, Gelenken, der Haut und anderer Organe. Des Weiteren wird das Immunsystem geschwächt und die Infektanfälligkeit erhöht sich. Magen- und Darmbeschwerden werden gefördert. Die Darmflora leidet unter hohem Zuckerkonsum.
Im Lichte dieser Erkenntnisse kann auch nicht mehr jedes Obst pauschal empfohlen werden. Bananen enthalten Riedl zufolge im Vergleich zu ursprünglichen Sorten heute viel mehr Zucker – hier müsse man vorsichtig sein. Er empfahl insbesondere Beerenobst.
Riedl freute sich ganz besonders über die Einladung der DGZMK und lobte das Engagement der Zahnmedizin, Ernährungsfragen in Prävention und Therapie zu thematisieren: „Ich kenne keine Fachrichtung, die sich so intensiv mit diesem Thema befasst.“
von 10 Kg auf 60 kg Zucker pro Jahr und Person
Ernährungsassoziierte Erkrankungen sind den Experten zufolge mittlerweile so verbreitet, dass sie die Hauptursache aller Todesfälle weltweit darstellen. Sie waren sich darin einig, dass der seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzende und bis heute immer weiter gesteigerte Zuckerkonsum (von circa 10 kg/Jahr und Person im Jahr 1850 auf heute über 60 kg/Jahr und Person) aus medizinischen Gründen zurückgefahren werden sollte. Als Ziel gab Ernährungsmediziner Riedl eine Menge von 25 bis 50 g/Tag an, was einer Jahresmenge von 9 bis 18 kg pro Person entsprechen würde.
Vor diesem Hintergrund ist aus der Sicht der Wissenschaftler auch die Gesundheitspolitik gefordert. Man müsse neben mehr Patientenaufklärung auch über politische Maßnahmen wie Werbeverbote und Zuckersteuer nachdenken. Auch eine bessere Kennzeichnung der Lebensmittel in Supermärkten sei wichtig, weil sich vor allem in Fertigprodukten viel „versteckter“ Zucker befindet.
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